Saure Leber

 „Von-der-Nase-bis-zum-Schwanz“ (From nose to tail) ist ein relativ wenig verbreitetes kulinarisches Konzept, nämlich wie wir tierische Nahrungsmittel verwenden sollten. Mit anderen Worten, an einem geschlachteten Tier gibt es nichts was nicht zu einer delikaten Speise verarbeitet werden kann. Wir sind es dem Tier redlich schuldig. Schaut man sich allerdings bei einem gut sortierten Metzger die Auslage an, lässt sich nichts von diesem Konzept erkennen. Die liegen nur die besten Stücke, ansehnlich drapiert. Nicht einmal Blutspuren sind zu erkennen. Die werden augenblicklich weggeputzt, sollte sich ein Fleischstück zum Bluten hinreissen lassen. Einmal änderte sich das bei meinem bevorzugten Coop-Metzger. Da wurden schier halbe Tiere am Stück präsentiert, so, dass die Konsumentin mit dem Finger drauf zeigen konnte, welches Stück der Metzger ihr abschneiden solle. Wunderbar. Endlich konnte man sehen,  was man essen wird und die Fantasie wurde augenblicklich angeregt. Bei mir zumindest. Doch bereits nach kurzer Zeit verdrängte wieder ein vorgeschnittenes und arrangiertes Angebot die grossen Fleischberge. Auf Nachfrage meinte der Chefmetzger, sie hätten reagieren müssen, der Umsatz sei markant zurückgegangen. Die heutige Hausfrau hätte mit ihrem Konzept nichts anfangen können. Sie wären gar angewidert an der Auslage vorbeigegangen. Wundert es da, dass weder Schweinsohren noch -nasen oder -füsse, weder Milken, noch ganze Kutteln und auch nicht die verschiedenen Lebern, die nur noch geschnetzelt und nicht als ganzes Stück präsentiert werden? Und wo sind die Nieren, werde Damen und Herren Bankmetzger? Nein, die Damen und Herren von heute wollen nur noch die besten Stücke verspeisen. Alles was nach Tier aussieht und gar schmeckt, wird verschmäht.

Nun, liebe Veganer, liebe Vegetarierer, wenn ihr nun meint hier auf einen ganz üblen Blog eines Fleischfressers gestossen zu sein, dann kann ich euch insofern beruhigen, dass ich eurer Art sich zu verpflegen gar nicht abgeneigt bin. Ihr habt es hier mit einem Genussmenschen zu tun, der sich genauso an einem veganen Buffet erfreuen kann, wie an sauren Lebern.

Und damit sind wir beim Thema dieses Blogs, den ich hoffe zukünftig entwickeln zu können. „Saure Lebern” gehören in der Tat zu meinen Leibspeisen. Und weil ich weiss, dass zahlreiche Zeitgenossen angewidert mit dem Atem innehalten bei der Vorstellung so etwas essen zu müssen, stehen hier die sauren Lebern stellvertretend für alles andere, was meine Leserinnen in eine ähnliche Haltung versetzen könnte. Ich folge meinen vielfältigen Interessen bei der Auswahl meiner Blogthemen und drücke ihnen allen üppig meinen Senf auf. Ob’s grad passt oder nicht. Meine Absicht ist nicht bloss meiner Lust und Freude an der Provokation geschuldet, sondern dem Wunsch, zum Nach- und Mitdenken anzuregen. Vielleicht gelingt es mir, inspirierend zu sein, alte und neue Ideen zu teilen und Wissen und Erfahrungen weiterzugeben. Dafür stehen sinnbildlich die Süssigkeiten. Ich bin ein leidenschaftlicher Hobbykoch mit Sendungsbewusstsein. Darum werde ich aus vorauseilender Busse und möglicher Strafe zu jedem Beitrag ein passendes Menü mit entsprechenden Rezepten ergänzen. So stifte ich Nutzen bei allem Ärger, den ich mit meinen Gedankengängen möglicherweise provoziere. Freut euch des Lebens!

Suuri Läberli (Saure Leber)

Menge für zwei Personen

400 g Ganze Leber vom Kalb

2 Mittelgrosse rote Zwiebeln

1 Kleiner Bund frischer Thymian

30 g Frische Butter

1-2 EL Mehl

3dl Hühnerfonds

1dl Roter Tafelwein

1dl Portwein

1-2 EL Aceto Balsamico

1 Prise Zucker

Salz und Pfeffer aus der Mühle

Schritt 1

Die Kalbsleber - ich nehme nie etwas anderes - in gleichmässige Würfel schneiden. Etwas grösser als der Spielwürfel und genauso regelmässig. Die Würfel mit Küchenpapier trocken tupfen.

Die roten Zwiebeln schälen und in feine Streifen schneiden. Das Thymiansträusschen waschen und trocken tupfen.

Schritt 2

Die Butter in der Bratpfanne schmelzen und bei mittlerer Temperatur erhitzen. Derweil die Leberwürfel im Mehl wenden, überschüssiges Mehl abklopfen und in der heissen Butter umsichtig anbraten. Je nach Grösse der Bratpfanne kann dieser Vorgang mit kleinen Portionen vorgenommen werden, um die Leber gleichmässig zu bräunen. Eventuell jeweils mehr Butter beifügen, aufwärmen und nächste Portion braten. Die gebratene Leber warm halten und ausruhen lassen.

Schritt 3

Den Zucker und den Aceto in die verbliebene heisse Butter geben und mit den Zwiebeln leicht karamellisieren lassen. Mit Hühnerbrühe, Wein und Portwein ablöschen und leicht einkochen lassen bis die Zwiebeln weich sind. Dann alle Leberwürfel beigeben und bei sanfter Hitze weiter köcheln lassen bis die Leber warm ist. Dann mit Salz und Pfeffer abschmecken und servieren.

Dazu passt traditionellerweise eine typische Schweizer Rösti.

Gebratene Kartoffeln à la manière française

Doch hier verrate ich, wie man dieses Gericht mit einer französischen Variante aufpeppt und zwar mit in einer gusseisernen Bratpfanne in viel Butter gebratenen Kartoffeln. 

Dazu nimmt man je nach Appetit und je nach Grösse der zur Verfügung stehenden gusseisernen Bratpfanne genügend festkochende, möglichst gelbe Kartoffeln (Z.B. Charlotte). Sie werden nicht geschält, dafür sorgfältig gewaschen und zum ersten Mal gut getrocknet. Dann kommen sie unters Messer und werden in feine Rondellen geschnitten und trocken getupft.

Die gusseiserne Pfanne wird grosszügig eingebuttert und die Kartoffelscheiben schön regelmässig in die Pfanne geschichtet als ob man ein rundes Dach. Zwischen jede Schicht gibt es reichlich Butter und wenn möglich feines Meersalz aus der Mühle und  Schwarzer Pfeffer. Wenn beliebt kann auch zwischen jede Schicht pulverisiertes Rosmarin gestreut werden. Dieses stelle ich jeweils aus selber gezogenem Rosmarin her. Es lohnt sich und gerade in dieser Zubereitung edelt es das Gericht. Auch die oberste Schicht wird reichlich gebuttert und umsichtig gewürzt. 

Dann beginnt die eigentliche Kochkunst. Die Kartoffeln werden auf höchster Feuerstufe angebraten. Das kann gehörig daneben gehen, weil man sie entweder verbrennt oder weil sie eben nicht scharf angebraten werden und dann werden sie pampig. Denn es gilt, die Kartoffelbutter solange braten zu lassen, bis sie kross sind und goldgelb werden. Das bedeutet, dass die Hitze rechtzeitig reduziert wird, so dass die Butter braun und im Geschmack Bussis bleibt. Wenn die oberste Schicht schon erste Anzeichen von Garheit vorweisen, kommt die zweite Herausforderung. Mit einem passenden Teller wird die Pfanne gedeckt und dann der Inhalt auf den Teller gestürzt. Gelingt es, sieht das dachziegelähnliche Resultat schon sehr malerisch aus. Dieses lässt man nun wieder in die Pfanne gleiten und bratet die vormalige Rückseite nun auch bis kross. Mit derselben Vorsicht in Sachen richtiger Brathitze. Nicht zu heiss und nicht zu sanft. Man kann nun den Kartoffelkuchen gut anheben und kontrollieren, ob er schon goldgelb ist. wenn ja, dann sofort servieren oder impfen warm halten, bis die Leber bereit ist. Das darf nicht zu lange sein, denn sonst werden die Kartoffeln pampig und sind im Mund nicht mehr knusprig. Der Aufwand lohnt sich!

Die süsse Ergänzung

Es lässt sich nicht leugnen, mit dem Alter bildet sich eine gewisse Bitterkeit. Wobei ich gestehe, dass ich zeitlebens zum Zynismus neigte. Eine ungute Eigenschaft um Zeitgenossen auf den Wecker zu gehen. Immerhin effizient, um Distanz zu schaffen. Hier in diesem Blog aber ist es mir ein Anliegen, Nähe aufzubauen zu meinen Lesenden. Der Grund dafür ist die absehbare Distanz zum Grab. Grundgütiger, ich möchte nicht einsam und verlassen in ein Urnengrab gestellt werden. Das wäre ja wie eine alte, verbrauchte Teetasse mit ihrem vergerbten Porzellan in die hinterste und oberste Ecke des Geschirrschrankes versorgt zu werden. Zu wenig alt, um dem Müll übergeben zu werden, zu jung, um all die langen Teegespräche am Schwedenofen zu vergessen. War das jetzt zynisch?

Nun, um der Sache zu dienen, nämlich den einzelnen Blogbeiträgen die Spitze zu brechen, überlege ich mir jedes Mal eine kleine Süssspeise. Wobei ich sagen muss, dass ich keine Naschkatze bin und Desserts oft verschmähe. Weil sie mir meistens zu süss sind, zu zuckrig und meinen Blutzuckerspiegel über das tolerierbar Mass hinaus in die Höhe treiben. Insulin mag ich wirklich nicht, insbesondere gegen die Insulinspritze hege ich eine bestimmte Abneigung.

Nun, nachdem wir sowohl bei der Leber wie auch bei den Kartoffeln doch recht viel Butter verspiesen haben, empfehle ich hier einen bitter-sauer-süssen, leicht überraschenden Abgang.

Wie so oft, beginnt die Vorbereitung dieses Menüs mit dem Dessert, nämlich idealerweise am Vorabend. Denn es muss halb gefroren oder doch zumindest sehr kühl sein.

Gesalzenes süss-sauer-bitteres Schokoladenparfait mit kandierten Zitronen

Menge für vier Desserts:

- 60 gr Dunkle Schokolade, 70% Kakaoanteil

- 2 EL dunkles Kakaopulver

- 10 gr frische Butter

- 1-2 Eigelb

- 1 Grosses Ei

- 2.5 El Rahm

- 1 Unbehandelte Biozitrone

- 3 dl Zuckerwasser

Zubereitung:

Schritt 1

4 Gerade Gläser mit neutralem Speiseöl ausreiben und mit Klarsichtfolie auskleiden.

Schritt 2

Schokolade raspeln oder klein würfeln und in eine Aluschüssel geben. In einem Wasserbad die Schokolade langsam schmelzen lassen.

Schritt 3

In einer zweiten Aluschüssel Ei, Eigelb, Zucker und Butter gut verrühren. Kakaopulver beigeben und die Masse nochmals gut verrühren. Wasserbad zum leichten Kochen bringen und die Buttermasse darin schaumig rühren. Bitte nicht zu heiss werden lassen.

Schritt 4

Die glatt gerührte Schokolade und die Eimasse mischen und in der Aluschüssel ins Eiswasser stellen und die Mischung solange rühren, bis sie kalt ist.

Schritt 5

Den Rahm steif schlagen und unter die kalte Crème ziehen. Damit die Gläser füllen und diese für einige Stunden im Gefrierfach einfrieren lassen.

Schritt 6

Die Zitrone so dick schälen, dass noch Fruchtfleisch an der Schale bleibt. Diese fein würfeln und im Zuckerwasser vorsichtig kandieren.

Schritt 7

Das gefrorene Parfait aus den Gläsern auf einen dekorativen mittelgrosse Teller stürzen. Wer es mag mit etwas geschlagenem Rahm toppen und mit den kandierten Zitronen dekorieren.




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